 
      Bis Morgengrauen abwarten
Katze, Vogel und die Elfe im Land der Hobbits!
Im grünen Land der Hobbits saßen eine gestreifte Katze, ein kleiner blaugrüner Vogel und eine schimmernde Elfe auf einem moosigen Hügel und lauschten dem Wind. Die Katze schmiedete einen ungewöhnlichen Plan, der so verspielt wie klug war und sofort alle überraschte. Statt dem alten Pfad zu folgen, entschieden sie, eine Geschichte in den Himmel zu malen und so die Sterne um Rat zu fragen. Die Elfe sammelte Tautropfen in ihren Händen, der Vogel sang eine Melodie, die Farben aus den Blättern lockte, und die Katze stupste die Tropfen sacht in die Luft. Aus dem Zusammenspiel entstand ein leuchtendes Band, das über das Tal glitt und wie eine Landkarte funkelte. Bald erschienen kleine funkelnde Gestalten, Hobbits mit Laternen, die neugierig dem Lichtband folgten und lachten. Die unerwartete Karte zeigte keinen gewöhnlichen Weg, sondern Geheimnisse, die nur mit Einfallsreichtum zu lesen waren, und sie führte zu einem alten Apfelbaum voller Geschichten. Als erste Folge ihres kreativen Einfalls entdeckten sie unter Wurzeln eine Kiste mit losen Erinnerungen und einer eigenwilligen Uhr, die rückwärts tickte. Die Elfe berührte die Uhr und spürte, dass die Zeit hier ein wenig freundlicher und schelmischer geworden war, sodass kleine Fehler zu neuen Möglichkeiten führten. Ermutigt von dieser Entdeckung machten Katze, Vogel und Elfe sich mit neuem Mut daran, die Karte zu lesen und die Geschichten des Baumes lebendig zu machen.
Sie hockten dicht am Stamm und schoben mit zitternden Pfoten, Flügeln und Fingern den hölzernen Deckel der Kiste beiseite. Ein leiser Seufzer entwich, und ein Wirbel aus Papierfetzen und warmen Lichtern stieg auf, als hätten die Erinnerungen tief in der Kiste geatmet. Kleine Szenen lösten sich aus den Fetzen und schwebten wie winzige Laternen an ihren Schnurenden, zeigten flackernde Bilder der Freunde, die längst vergangene Picknicks und verirrte Schmetterlinge wiederholten. Die Uhr, die um die Kiste herumgelegen hatte, begann im Takt dieser Bilder schneller und dann langsamer zu schlagen, so dass jeder Herzschlag wie ein kleiner Sprung durch die Zeit wirkte. Die Katze rührte eine Erinnerung an und sah darin, wie sie als Kätzchen auf einem Fensterbrett vor Staub tanzte, was sie gleichzeitig schmunzeln und weinen ließ. Der Vogel nickte, als ein Papierfetzen seinen früheren Flug über das Tal nachzeichnete, und schüttelte daraufhin überraschend neue Melodien aus seinen Federn. Die Elfe legte eine Hand auf die Kiste und spürte, wie die Scheu der Erinnerungen sich in Neugier verwandelte, sodass aus Bedauern leichte Hoffnung wurde. Aus der Kiste krochen kleine, leuchtende Punkte, die wie freigewordene Versprechen wirkten und zwischen den Zweigen des Apfelbaums Funken hinterließen. Während die Hobbits näherkamen, um die funkelnden Szenen zu betrachten, begann der Boden sanft zu vibrieren und die Blätter flüsterten, als wollten sie den neuen Geschichten applaudieren. Gemeinsam beschlossen sie, jede freigelassene Erinnerung zu hüten und mit der Uhr zu tanzen, statt sich von ihr festhalten zu lassen.
Sie lehnten sich vor und hörten dem ungewöhnlichen Rückwärtsklang der Uhr so aufmerksam zu, dass selbst die Hobbits in ihrem Kreis mucksmäuschenstill wurden. Mit jedem Tick rückwärts schien die Luft kleine Fäden von Zeit aufzuwickeln, und eine zuvor zerstreute Erinnerung schnurrerte wie ein Kätzchen zurück auf seinen Platz. Ein umgestürzter Becher hob sich von allein, der Tee rann ruhiger den Rand hinauf und trug feine Spritzer, die wie winzige Bilder im Licht standen, zurück in die Erinnerung. Der Vogel pfiff eine Melodie rückwärts, aber statt sich zur Störung zu verwandeln, fädelten die Noten sich neu zusammen und schufen eine noch fremdere, bezaubernde Harmonie. Die Elfe spürte, wie ein zaghaftes Geständnis, das sie einst verschluckt hatte, wieder in ihrer Brust auftauchte, dieses Mal klein und mutig genug, ausgesprochen zu werden. Die Katze streckte die Pfote und berührte eine letzte, verlorene Notiz, die aus Fetzen wieder zusammengesetzt aus der Kiste glitt und deutlich den Namen einer alten Freundin zeigte. Die funkelnden Punkte, die aus den Erinnerungen krochen, ordneten sich wie winzige Sterne neu und bildeten eine leise, sichtbare Spur, die in die Wurzeln des Baums zurückführte. Hobbits lachten leise, als ihre Lampenflammen rückwärts züngelten und dabei ein verborgenes Muster in der Rinde offenbarten, das zuvor vom Feuer verschluckt worden war. Angestachelt von dem, was möglich war, begannen die drei Freunde im Takt des rückläufigen Schlagens zu wiegen und fanden, dass ihre Schritte kleine Änderungen in den wiedergefundenen Bildern erzeugten. So entdeckten sie, unmittelbar und ohne großes Nachdenken, dass das Rückwärtsticken nicht nur vergangene Dinge heilte, sondern auch Türen zu noch nicht geprobten Entscheidungen öffnete.
Sie folgten der leuchtenden Spur, die sich wie ein geflochtenes Band zwischen Wurzeln und Stein durchs Dunkel wand. Die Hobbits rückten enger zusammen, ihre Laternen warfen warme Kreise, doch das Sternenband blieb hell genug, um den Weg zu weisen. Die Katze schnüffelte, die Pfote leicht erhoben, und bemerkte, dass die Funken bei jeder Berührung leiser summten, als würden sie Antworten flüstern. Der Vogel flog voraus, lenkte mit kurzen, aufgeregten Stößen sein Licht, und aus den Kaskaden der kleinen Punkte bildete sich langsam ein Durchgang aus tanzenden Schatten. Die Elfe berührte eine Wurzel, die überraschend weich und warm war, und fühlte, wie die rückwärts tickende Uhr in ihrer Tasche einen neuen, schnelleren Rhythmus setzte. Als sie tiefer krochen, entdeckten sie einen halbversteckten Spalt in der Wurzel, hinter dem leise Stimmen murmelten, als erhielten alte Geschichten neuen Atem. Ein Windhauch trug ein vertrautes Lachen heran, das die Katze wiedererkannte und das sie dazu brachte, ohne Furcht weiter vorzustoßen. Bald öffnete sich der Spalt zu einem kleinen Hohlraum, in dem ein vergilbter Spiegel stand, dessen Oberfläche nicht ihr Spiegelbild zeigte, sondern kleine Szenen, die noch nicht passiert waren. Die Hobbits hielten den Atem an, und die Erinnerungsfetzen in der Kiste pulsierten im Gleichklang mit dem Spiegel, als suchten Vergangenheit und Zukunft nach einem gemeinsamen Takt. Entschlossen, der Spur bis zu ihrem Ende zu folgen, rückten sie zusammen, schoben sich durch die Wurzelöffnung und ließen den Apfelbaum hinter sich, während die Sterne über ihnen leise sangen.
Sie hielten inne, als ein leises Zwicken in ihren Gedanken aufstieg, und ohne lange zu grübeln drehten sie um, um zum Apfelbaum zurückzukehren. Die Rückkehr durch die Wurzelöffnung war enger als zuvor, doch die Hobbits halfen mit warmen Händen, so dass alle bald wieder vor der Kiste standen. Die Elfe streckte die Hand aus und ergriff die Uhr, deren Rückwärtsklang inzwischen zu einem gedämpften Flüstern geworden war. Gemeinsam rüttelten sie leicht an dem Zifferblatt, schoben kleine Steinchen zur Seite und ließen die Mechanik wieder aufwachen wie ein müdes Tier. Sobald das erste hörbare Ticken neu einzog, veränderte sich die Luft: die funkelnden Punkte schossen aufgeregt durch den Raum und ordneten sich zu neuen Mustern. Erinnerungsfetzen, die eben noch stumm in der Kiste gehangen hatten, begannen sich zu drehen und legten andere Versionen von Szenen frei, die jetzt möglich werden konnten. Die Katze schnurrte, weil eine wiedergefundene Angst sich in ein leises Versprechen verwandelte, und der Vogel stieß einen langen, ehrfurchtsvollen Ton aus. Draußen über dem Tal wandte das Sternenband seine Farben und zeigte plötzlich Wege, die vorher nicht sichtbar gewesen waren, als hätte die Uhr ihnen neue Orientierung gegeben. Die Hobbits klatschten vor Freude und ein kleiner Junge griff nach einem der wandernden Lichter, das daraufhin eine Erinnerung in seinem Herzen festnagelte. Die Elfe legte die Uhr zurück in die Kiste, und obwohl das Ticken nun ruhiger war, wussten sie, dass die Zeit hier fortan weniger bestimmt und voller Möglichkeiten tickte.
Neugierig und ein wenig zögerlich hoben sie gemeinsam den Rahmen des vergilbten Spiegels an und fanden, dass die Rückseite sich nicht wie Holz anfühlte, sondern wie eine schwache, warme Luft. Als der Spiegel weiter aufschwang, strömte ein Duft nach nassem Moos und Spätmittag herein und kleine Bilder, die zuvor nur darin gesehen worden waren, begannen tatsächlich aus der Glasfläche zu steigen. Zuerst schwebte eine Szene herüber, in der die Katze als Kätzchen mit einem Apfel spielte, doch die Bewegung war lebendig und anders als eine Erinnerung: sie war ein Vorschlag, eine Möglichkeit, die noch gewählt werden konnte. Die Hobbits rückten klopfend näher, die Laternen warfen neugierige Schatten, und der Vogel schlug aufgeregt mit den Flügeln, sodass eine neue Melodie durch den Spalt des Spiegels wehte. Die Elfe streckte die Hand hinein und spürte, wie die Glasfläche statt zu kühlen warm wurde, als würde sie an einem Türrahmen zu einem anderen Abend stehen. Plötzlich löste sich ein Bild von der Oberfläche, wandelte sich beim Fallen und wurde zu einer kleinen, lebendigen Laterne, die zwischen ihnen schwebte und flüsterte, wie man aus einer Möglichkeit Mut machte. Die Uhr in der Kiste begann antwortend leise zu ticken, als käme ihr Rhythmus jetzt aus dem geöffneten Spiegelraum, und die Erinnerungen drehten sich in neuen Bahnen. Ein leiser Entschluss ging durch die Gruppe, die Bilder nicht nur anzusehen, sondern einige in die Welt zurückzuschicken, damit sie Wirklichkeit werden konnten; die Katze nickte, der Vogel stimmte eine kurze Sequenz an und die Elfe lächelte. Doch als sie ein besonders helles Bild hervorzogen, blieb es einen Augenblick in der Luft stehen und zeigte eine Tür, die sie nicht kannten, hinter der Stimmen riefen, als wollten sie ein Versprechen einfordern. Ohne zu wissen, ob diese Rufe freundlich oder fordernd waren, beschlossen sie, die Tür im Spiegel erst zu erkunden, wenn sie vorbereitet waren, und schlossen den Rahmen langsam wieder, so dass ein schmaler Spalt übrigblieb, der weiter lockte.
Sie setzten sich im Kreis und berieten leise über das, was der schmale Spalt ihnen geboten hatte. Die Elfe schlug vor, vorsichtig vorzugehen und erst das Licht des Mondes abzuwarten bevor sie handelten. Die Katze rollte die Schultern und zeichnete mit der Pfote auf dem Boden eine einfache Skizze ihrer möglichen Schritte. Der Vogel flüsterte Ideen in kurzen Tönen und sollte, so entschieden sie, als Kundschafter aufsteigen, sobald ein Zeichen kam. Die Hobbits legten ihre Laternen still hin, banden sich kleine Schleifen um die Henkel und bereiteten Kekse zur Stärkung vor. Die Uhr in der Kiste tickte leiser, als würde sie ihre Entscheidung abwarten, und das Sternenband über ihnen flackerte wie ein Signal. Sie verteilten Aufgaben und übten leise Handgriffe, wobei jeder Blick und jede Bewegung die Stimmung beruhigte und zugleich gespannt hielt. Dann setzten sie sich hin, atmeten langsam und harrten aus, während der schmale Spalt im Spiegel ein kaum merkliches Zittern zeigte. Minuten dehnten sich, und in dieser Zeit sammelten sich Mut und Geduld wie kleine Schichten um ihre Herzen. Schließlich löste ein kaum hörbares Surren im Spalt winzige Funken aus, und sie wussten, dass nun der Moment des Abwartens Früchte tragen konnte.
Die Hobbits erhoben sich sofort, denn sie fühlten, dass ihre Kenntnisse gefragt waren, und die älteste von ihnen, eine Frau mit runzligem Lächeln, schlug vor, in das benachbarte Dorf zu gehen. Während die Elfe die Kiste bewachte und die Katze die Laternen prüfte, stapften zwei Hobbits los, einer trug eine Tasche mit Keksen, der andere einen kleinen Schlüsselbund. Sie klopften an Türen, erinnerten alte Lieder und fragten nach Geschichten von Spiegeln und rückwärts tickenden Uhren, und die Bewohner antworteten mit leisen Stimmen, die vor Jahren ähnliches erlebt hatten. In einer Teestube erzählte ein Großvater von einer Chronistin, die in einem Dachzimmer Pergamente sammelte und vielleicht den Namen der Tür kannte. Sogleich fanden die Hobbits die Chronistin, eine Frau mit Fingern wie Papierstreifen, und sie blätterte geduldig in alten Folianten, während draußen die Nacht dichter wurde. Aus einem vergilbten Eintrag erfuhr die Gruppe, dass Spiegelspalten oft Prüfungen verlangten, aber manchmal auch Wege öffneten, wenn man Antworten richtig stellte. Mit dieser neuen Ahnung kehrten die Hobbits eilig zurück, die Taschen nun gefüllt mit Notizen, einem kleinen Flachsamen-Säckchen und einem Hinweis auf eine alte Bitte, die man dem Spiegel vorlegen sollte. Die Elfe las die Notizen, und ihre Augen leuchteten, weil der Hinweis nahelegte, dass Stimmen hinter der Tür Gefälligkeiten erwiesen verlangten, keine Forderungen. Die Katze schnurrte zustimmend, weil ein Teil der Antwort darin bestand, etwas zu geben, nicht zu nehmen, und die Gruppe begann, mögliche Gefälligkeiten zu überlegen. So bereiteten sie sich vor, indem sie Kekse, Geschichten und ein kleines Päckchen mit Samen arrangierten, um dem Spalt ein Angebot zu machen, das freundlich und bedacht war.
Sie saßen enggedrängt, wärmten Hände an Teetassen und hielten die Laternen so, dass das Licht beruhigend flackerte. Gemeinsam beschlossen sie, die Gaben nicht sofort zu reichen, sondern erst dann zu zeigen, wenn die blassen Konturen des Tages den Rand des Himmels berührten, damit ihr Angebot als echtes Entgegenkommen gelesen würde. Die Hobbits kauten langsam Kekse, die Elfe ordnete sorgsam die Samen in das Päckchen, die Katze rollte das Band der Schleife fest und der Vogel übte leise eine freundliche Melodie. Als der erste zarte Schimmer die Nacht vertrieb, spannte der Spalt im Spiegel sein feines Licht und forderte mit einem kaum hörbaren Surren die Gabe an. Behutsam schoben sie Kekse, Geschichten und das Samenbündel durch den schmalen Riss, jeder Gegenstand getragen von einer kleinen Erklärung und einem guten Wunsch. Die Glasoberfläche atmete ein, fing die Gaben auf und formte daraus eine winzige Tür, hinter der Stimmen lachten, die nicht mehr forderten, sondern dankten. Eine warme Figur aus Licht trat hervor, sprach von Wegen, die nun offen wären, und legte den Freunden nahe, dass Teilen Türen schuf, die fest verschlossene Weltenteile verbanden. Die Uhr in der Kiste fand einen ruhigeren Takt, als würde sie verstehen, dass Zeit hier nun von Wahl und Güte geleitet werden konnte. Mit einem letzten, friedlichen Knistern verschloss der Spiegel sich wieder, doch die Funken, die er freigegeben hatte, hingen noch wie kleine Versprechen in den Zweigen. Gemeinsam kehrten sie zum Apfelbaum zurück, legten die Uhr behutsam hinein und wussten, dass sie fortan sowohl Geschichten hüten als auch neue beginnen konnten.
— Ende —